Der Betrieb von Kitas unter Pandemiebedingungen

Träger der Viernheimer Kindertagesstätten geben gemeinsame Erklärung an Eltern heraus

Mit Wirkung vom 22. Februar endete der Appell, Kinder möglichst zu Hause zu betreuen. Seitdem sind nun wieder laut hessischer Landesregierung alle Betreuungseinrichtungen für einen Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen für alle Kinder geöffnet – allerdings mit eingeschränkten Betreuungszeiten. In einer gemeinsamen Erklärung bitten die Träger der katholischen und evangelischen Kirchen, die Arbeiterwohlfahrt sowie die Stadt Viernheim die Eltern um Verständnis, wenn die Betreuungszeiten eingeschränkt bleiben oder kurzfristig neu eingeschränkt werden müssen.

„Wir wollen damit wieder ein Bewusstsein für die Situation schaffen und gleichzeitig den Erzieherinnen und Erziehern in den Einrichtungen den Rücken stärken“, erklärt Bürgermeister Matthias Baaß im Rahmen eines digitalen Pressegesprächs gemeinsam mit den Trägern. Den Viernheimer Kindertagesstätten stehen somit weitere schwierige Monate bevor, denn die Pandemie ist noch lange nicht vorbei und im Alltag einer Kita kann Körpernähe nicht vermieden werden.

Gerade die letzten Wochen hätten gezeigt, dass der Mitte Dezember ausgesprochene Appell der Landesregierung für die Eltern zunehmend schwieriger umzusetzen war und die pädagogischen Fachkräfte vor immer größere Herausforderungen stellte, da die Betreuungszahlen in den Viernheimer Einrichtungen konstant nach oben gingen. Baaß: „Zuletzt lag die Betreuungsquote im Ü3-Bereich bei 80 Prozent.“

Jetzt, mit dem Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen, stehen die Betreuungseinrichtungen vor einer Aufgabe, die nicht zur Zufriedenheit aller lösbar sein wird. Es wird noch mehrere Monate des immer wieder neuen sorgsamen Abwägens bedürfen, um Betreuungszeiten und die Gesundheitsfürsorge für die Kinder, deren Familien und die Erzieherinnen und Erzieher in einen einigermaßen vernünftigen Einklang zu bringen.
 
Zumal die COVID-19-Fallzahlen zwar gesunken sind, aber derzeit stagnieren. Zudem sind die Virenmutationen stärker im Kommen. „Eine Situation, die uns alle nicht in Sicherheit wiegen darf“, so die Träger unisono.

Ein wichtiger und großer Fortschritt stelle nun die Mitteilung der Landesregierung dar, dass die Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten von der Impfgruppe 3 in die Gruppe 2 vorgezogen wurden und endlich die langersehnte Impfung erhalten sollen, denn Monate lang waren diese Menschen einer ungeschützten Situation ausgeliefert. Wann die Impfung erfolgen könne, stehe nach Aussage des Bürgermeisters noch nicht fest. „Aber im Impfsystem ist die Gruppe der Erzieher bereits hinterlegt und nach Aussage des Landrates sei eine größere Lieferung an Impfstoff eingeplant“.

Gemeinsam bedanken sich die Träger in diesem Zug bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr hohes Engagement im zweiten Lockdown, „denn ohne diese Menschen wäre eine pädagogisch wertvolle Betreuung von über 1.465 Kindern in Viernheim nicht möglich“, so der Wortlaut in der gemeinsamen Erklärung.

Weiterhin Betreuung in getrennten Gruppeneinheiten vorgesehen
Der Gesundheitsschutz stehe an oberster Stelle, aber nicht nur für das Personal, sondern auch für die Kinder und deren Eltern, darüber sind sich die Träger einig. Daher geht auch der dringende Appell an die Eltern, die Einrichtungen, da wo es möglich ist, so zurückhaltend wie möglich in Anspruch zu nehmen. Um dies zu unterstützen, habe der Magistrat nun auch am vergangenen Montag entschieden, die tageweise Beitragsrückerstattung für den Monat März aufrecht zu erhalten, wie Bürgermeister Baaß berichtet. „Bei den Eltern ist das sehr positiv angekommen“, so die AWO-Vorsitzende Jutta Schmiddem, die sich für diesen Beschluss ausdrücklich bedankt.

Dass sich alle mehr und mehr ein Stück Normalität in den Alltag zurückwünschen, ist verständlich. Trotzdem müssten die weiteren Entwicklungen mit Vorsicht beobachtet werden, wie AWO-Geschäftsstellenleiter Peter Lichtenthäler mitteilt. Von Seiten der AWO werde eine Gruppentrennung nicht in allen Einrichtungen möglich sein, dies sei von der jeweiligen Räumlichkeit und Personalsituation abhängig. Im Zweifelsfall müsste den Eltern mit einem Regelplatz ein Wechselmodell angeboten werden, bei dem die Kinder nur an zwei oder drei Tagen in der Woche betreut werden können. „Ausnahmen würden wir bei Kindern vornehmen, die einen besonderen pädagogischen Bedarf haben oder mit Blick auf die Arbeitszeit der Eltern.“ Eine weitere Herausforderung stelle auch die Betreuungszeiten von Gruppen mit Kindern, die einen Anspruch auf Früh- oder Spätdienst haben, dar, so Lichtenthäler, da am Beginn und Ende eines Tages keine Sammelgruppen gebildet werden dürften. Hier könnte es daher auch zu Einschränkungen bezüglich der Öffnungszeiten kommen. „Insgesamt werden wir unter allen Aspekten abwägen müssen“, so Lichtenthäler.

Auch bei den evangelischen Kitas müssten die Eltern weiterhin mit einem eingeschränkten Betrieb rechnen, das hätten die letzten Wochen in der Kita Arche Noah gerade wieder gezeigt, wie Pfarrer Markus Eichler berichtet. „Wir müssen immer tagesaktuell schauen und entscheiden, denn wir befinden uns leider nach wie vor in einer Krisensituation.“ Auch die Bring- und Abholsituation erfordere einen hohen Personalaufwand, weshalb auch die Kita Gänseblümchen nicht die gewohnten Öffnungszeiten aufrechterhalten könne, ergänzt Pfarrerin Irene Dannemann.
 
Ebenso schwierig bezeichnet sie die gruppenübergreifenden Angebote, wie zum Beispiel Deutsch für den Schulstart oder die Vorschularbeit. Hier sei die Einrichtung bemüht, so gut es eben unter Pandemiebedingungen ginge, entsprechende Angebote zu machen. „Dies erfordert eine hohe Flexibilität von unseren Mitarbeitenden.“

Besonders enttäuscht ist Pfarrer Ronald von den politisch Verantwortlichen auf Landes- und Kreisebene. „Das, was die Landesregierung als Regelbetrieb bezeichnet, ist eine Mogelpackung, weil es kein Regelbetrieb ist“, so der Sprecher der katholischen Kitas, der sich hier von der Landesregierung als Verantwortlicher mehr Mut gewünscht hätte, in dem sie den Eltern klar mitteilt, in welches Risiko sie ihre Kinder aufgrund der Mutanten hinein begeben. Die Situation sei für die Kinder jetzt anders, als es bisher in der Corona-Zeit war. Auch die Solidarität würde ihm fehlen, gerade in Bezug auf die Kinder, die sprachlich und sozial benachteiligt seien und während der letzten Monate einfach „hinten runtergefallen“ seien. Der erste Schritt hätte laut Givens jetzt eine Entscheidung sein müssen, „welche Kinder nun nach dieser Situation eine erste Förderung brauchen, um diese allen anderen Kindern vorzuziehen.“ Ebenso hätte er sich gewünscht, dass man den Erzieherinnen und Erzieher sehr deutlich sagt, in welche Situation sie geraten dadurch, dass die Landesregierung sagt, es gibt einen Regelbetrieb. Die Antworten auf der oberen und mittleren Ebene seien „ernüchternd“ gewesen, so Givens und er sei sehr dankbar, dass gemeinsam mit den Verantwortlichen der Stadtverwaltung Entscheidungen getroffen worden seien, die weiter oben nicht getroffen wurden. „Wir sind hier von Seiten der Landesregierung und des Landrates im Stich gelassen worden“, so Pfarrer Givens, der das System als nicht solidarisch mit den Schwächsten erlebe.

Von Seiten der freien und konfessionellen Träger sei man dankbar für die Initiative der Stadt, die untereinander jederzeit den offenen Austausch ermöglichte, um so gemeinsam Lösungen für alle finden zu können. Gleichzeitig geht ein besonderer Dank aller Träger an die Eltern, die in der Vergangenheit die Entscheidungen mitgetragen haben und auch weiterhin mit Einschränkungen werden leben müssen.