Ukraine-Krieg: Stadtverwaltung begrüßt Schutzsuchende aus der Ukraine und gastgebende Familien - Ämter, Vereine und Institutionen informieren über Unterstützungsangebote

Stadtpläne mit wichtigen Anlaufstellen markiert, Broschüren mit allen Ansprechpartnern rund um das Kind oder über Hilfsangebote für ältere Menschen, Gesundheitswegweiser, Info-Flyer über Bildungs- und Freizeitangebote, Sprachkurse, Anträge und Leistungen des Jobcenters oder kreative Angebote für Kinder und Jugendliche – einen bunten Strauß an Informationen, mitunter in ukrainischer Sprache, hielten Stadtverwaltung, Vereine und Institutionen am vergangenen Freitag (10. Juni) für die Besucherinnen und Besucher an ihren Ständen im großen Saal des Bürgerhauses bereit. Ziel der Informationsveranstaltung am späten Nachmittag war es, ukrainische Geflüchtete sowie deren gastgebende Familien verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten in Viernheim aufzuzeigen, um diesem Personenkreis, soweit es der Stadt möglich ist, weiterhin zur Seite zu stehen.

Über 300 Personen wurden von Seiten der Stadt Viernheim eingeladen. Rund 120 Personen durften die Akteure im Bürgerhaus begrüßen. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Harald Hofmann vom Amt für Kultur, Bildung und Soziales. Oksana Bardus, Ukrainerin, selbst geflüchtet und seit Anfang Mai bei der Stadt Viernheim als Ansprechpartnerin für Geflüchtete aus der Ukraine im Sozialamt beschäftigt, übernahm die Übersetzung. Für die musikalische Umrahmung sorgte am Flügel Anh Nguyen Han von der städtischen Musikschule.

In seiner persönlichen Ansprache zu Beginn der Veranstaltung richtete Bürgermeister Matthias Baaß einen ausdrücklichen Dank an die gastgebenden Familien, die durch ihr schnelles und pragmatisches Handeln über 300 geflüchteten Menschen aus der Ukraine in Viernheim eine Bleibe ermöglichten. “Ihr Handeln verdient Anerkennung!“. Aber auch die schutzsuchenden Personen selbst, die aus der Ukraine auf unbestimmte Zeit oder auch dauerhaft nach Viernheim gekommen seien, hieß das Stadtoberhaupt in seiner Rede herzlich willkommen. „Die Veranstaltung heute soll Ihnen verdeutlichen: Wir wollen Sie unterstützen, bei alle dem, was auf Sie zukommt, bei alle dem, was Sie erreichen möchten“, so Baaß, der sich in diesem Zug auch bei den anwesenden Netzwerkpartnern bedankt und die hervorragende Zusammenarbeit betont: „Gemeinsam haben wir in unserer Stadt schon vieles geleistet.“

Europa muss zusammenstehen

Bei seiner Rede erinnerte sich Baaß an den Beginn des Überfalls Russlands an die Ukraine und wie geschockt er zu dieser Zeit war: „Wie konnte das sein, was soll das, wie geht es jetzt weiter, was machen wir jetzt?“.

Bereits am 4. Tag des Überfalls habe sich die Stadtverwaltung zusammengesetzt und überlegt, was zu tun sei: Weitere Unterkünfte vorbereiten, den Gastgebern von Schutzsuchenden helfen, für Verlässlichkeit sorgen, Wohnungen finden, die die Stadt anmieten könne und weiteres mehr, blickt Baaß in seiner Ansprache zurück. Viele Mitarbeitende, die in der Verwaltung eigentlich andere Aufgaben hätten, wären sofort bereit gewesen, sich um diese Dinge zu kümmern und das sehr zielstrebig, so Baaß weiter. „Ich habe mit meinem Amtskollegen aus unserer polnischen Partnerstadt telefoniert, die als direktes Nachbarland stark vom Flüchtlingsstrom betroffen war. Zur Unterstützung haben wir dann einen Spendenaufruf in Viernheim gestartet. Die stolze Summe von 75 000 Euro ist bis heute dafür zusammengekommen. Eine große Hilfe für unsere Partnerstadt Mława“. Mittlerweile sei auch Viernheims französische Partnerstadt Franconville in diese Hilfe für Schutzsuchende in der polnischen Stadt mit eingestiegen, hob Baaß die große Solidarität der Städtepartnerschaft in Europa hervor. „Das ist wohl überhaupt die einzige Chance: Europa muss komplett zusammenstehen, um Putin auch auf Dauer zu sagen, so nicht, nicht mit uns.“

Abschließend beteuerte der Rathauschef weiterhin die uneingeschränkte Solidarität und brachte seine Hochachtung zum Ausdruck vor dem, was derzeit in der Ukraine durch Soldaten, Bürger, Verwaltung und Politik geleistet würde, um Widerstand zu leisten. „Wir rufen die Politik in Deutschland und Europa auf, alles zu tun, um diesen Krieg zu beenden!“.

Großer Dank an Viernheim
Wie dankbar die geflüchteten Menschen aus der Ukraine für die Unterstützung sind, die sie in den zurückliegenden Wochen in Viernheim erhalten haben, machte eine Frau aus dem Publikum deutlich, die sich während der Veranstaltung stellvertretend für alle anwesenden Schutzsuchenden spontan zu Wort meldete: „Wir alle sind Viernheim sehr dankbar für das, was Sie alles für uns tun, das ist nicht selbstverständlich. Sie haben uns einen Ort gegeben, an dem wir wieder in Ruhe schlafen können. Sie haben uns auf jedem Gebiet unterstützt, die gut organisierten Abläufe innerhalb der Stadtverwaltung haben uns sehr geholfen“, so die ukrainische Bürgerin. Sie machte in ihrer Ansprache allen Anwesenden Mut, dass die Ukraine den Feind besiegen würde und sprach gleichzeitig eine Einladung aus, das schöne Land nach dem Wideraufbau zu besuchen, dass dann vielleicht sogar noch besser sei als vor dem Krieg.

Im Anschluss standen einige der ukrainischen Gäste auf und stimmten ein altes Lied aus dem Ersten Weltkrieg an, dass durch den Sänger der erfolgreichen ukrainischen Band „BoomBox“, Andrij Chlywnjuk, Anfang März wieder besondere Aufmerksamkeit erhielt. Der Sänger beendete seine US-Tournee und kehrte nach Kiew zurück, um sein Land zu verteidigen. Einen Tag später postete er ein Video auf Instagram, in dem er das ukrainische Protestlied der "Roten Schneeballbeere" vor der Kiewer Sophienkathedrale mit dem Sturmgewehr in der Hand a capella singt. Das Video ging durch die sozialen Medien und so erreichte das Lied mittlerweile auch über die Grenzen Europas großen Bekanntheitsgrad, nachdem die Rockband Pink Floyd das Video sah und eine eigene Single mit dem Titel „Hey, Hey, Rise 
 
Up!“, in der sie die Aufnahme von Chlywnjuk für den Gesang verwendeten, veröffentlichte, um die Botschaft des Widerstands zu unterstützen.

Zahlreiche Netzwerkpartner bieten Unterstützungsmöglichkeiten
An insgesamt 13 Informationsständen konnten sich die Gäste während der Veranstaltung über Unterstützungsmöglichkeiten in Viernheim beraten lassen, die dieses Angebot rege nutzten. Vertreten waren die Abteilungen Jugendförderung sowie SeniorenBüro vom Amt für Kultur, Bildung und Soziales, der Caritasverband Darmstadt mit der Allgemeinen Lebensberatung, das Katholische Sozialzentrum, Neue Wege Kreis Bergstraße – Kommunales Jobcenter Viernheim, das Familienbildungswerk, der Kinderschutzbund Ortsverein Viernheim e.V., das Sozialamt mit dem Büro für Neuzugezogene sowie das Ordnungsamt inklusive der Polizeistation Viernheim, das Kultur- und Sportamt, der Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt und das Gleichstellungsbüro.

Im Rahmen eines weiteren Programmpunktes erhielten die Gäste gezielte Informationen zu dem vielseitigen Angebot des Viernheimer Vereins Lernmobil e.V., eine der zentralen außerschulischen Bildungseinrichtungen in Viernheim und im Kreis. „Unser Leitmotiv lautet Integration durch Bildung. Wir wollen den Menschen unterschiedlicher Herkunft die Möglichkeit bieten, ihre Potentiale zu entwickeln und zu stärken“, so Larysa Kay-Kulakowski. Ein wesentlicher Schwerpunkt des Vereins seien die Sprachkurse für Erwachsene, für die es eine sogenannte „Rund-um-Betreuung“ mit Erstberatung und Einstufung bis hin zur erforderlichen Antragstellung beim Bundesamt und einer sprachkursbegleitenden Kinderbetreuung gebe, erläutert die Leiterin der Abteilung Erwachsenenbildung bei Lernmobil. Um die Geflüchteten aus der Ukraine besser und gezielter beraten zu können, wurden zusätzliche Sprechstunden eingerichtet. 120 Personen nutzten dieses Angebot bereits und konnten entsprechend eingestuft werden.

Leider nahm die Registrierung der geflüchteten Personen bei Kreis und die darauffolgende Bewilligung durch das Bundesamt für Migration so viel Zeit in Anspruch, dass kein direkter Einstieg in die bestehenden Sprachkurse möglich war. Doch um diese Wartezeit sinnvoll zu überbrücken, wurden eigens für diese Zielgruppe fünf Kurse für insgesamt 90 Teilnehmende eingerichtet. „Mittlerweile konnten rund 40 Personen in die regulären Integrationskurse einsteigen, 60 warten leider noch auf die Bewilligung durch das Bundesamt“, berichtet Kay-Kulakowski.

Des Weiteren stellte die Mitarbeiterin des Lernmobils die Arbeit der ehrenamtlichen Integrationslotsinnen vor, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft über 20 verschiedene Sprachen sprechen und Neuankömmlingen in Viernheim bei Behördengängen und Antragstellungen zur Seite stünden sowie hilfreiche Informationen zu Bildungs-, Freizeit- und Kulturangeboten in Viernheim geben könnten. Zusätzlich gebe es neben den Ehrenamtlichen noch die professionelle Migrationsberatung des Vereins, die bei rechtlichen Fragen in Sachen Aufenthalt, Sozialleistungen und im Umgang mit Behörden weiterhelfen könne.

„Speziell für Grundschulkinder gibt es noch unseren Hort im Treff im Bahnhof, eine Schwerpunkt-Kita für Kinder aus den Intensivklassen, die noch nicht ausreichend Deutsch sprechen“, macht Kay-Kulakowski auf das Angebot des Vereins aufmerksam. Schwerpunkte seien die alltagsintegrierte Sprachbildung, die Leseförderung der Kinder sowie eine zusätzliche Unterstützung durch Lesepaten. Die Kolleginnen dort würden eng mit den Schulen, dem Leseförderzentrum und den Eltern zusammenarbeiten.

Angebote für (neuzugezogene) Kinder und Jugendliche
Ebenfalls sich den geflüchteten Menschen aus der Ukraine angenommen, vor allem den Kindern und Jugendlichen, hat sich die städtische Jugendförderung, die in den letzten Wochen ein bedarfsorientiertes Programm entwickelt hat und eng mit Schulen, Vereinen und Institutionen zusammenarbeitet. Auf der städtischen Homepage unter viernheim.de/angebotefuerneuzugezogenekinder gibt es eine Übersicht über alle Angebote, die benachteiligte Kinder und Jugendliche generell, aber besonders neuzugezogene unterstützen und chancengerechte Strukturen schaffen sollen, damit sich diese in Viernheim sicher und willkommen fühlen. Alle Angebote stehen im Internet auch gleichzeitig in den Sprachen Ukrainisch, Arabisch, Somalisch, Persisch und Türkisch bereit.

Zu finden sind hier regelmäßige Angebote wie Mädchen-Fußball, Gruppenstunden bei den Pfadfindern oder Sportkurse zur freien Bewegung, offene Angebote in den Stadtteilbüros der Alexander-von-Humboldt-Schule und Friedrich-Fröbel-Schule, Veranstaltungen und Treffpunkte von Familienbildungswerk, Kinderschutzbund und Kultur- und Sportamt sowie die kreative Jugendwerkstadt der Jugendförderung. Ein weiteres Angebot stellt das Feriendomizil der Jugendförderung dar. Ein Ganztagesangebot in den Sommerferien für Kinder berufstätiger Eltern im Alter von 6 bis 12 Jahren. Hier können Kinder wochenweise bei der Jugendförderung Viernheim im „Treff im Bahnhof“ die Ferien verbringen. In diesem Sommer steht das Programm unter dem Motto „Phantastische Welten.

Die Angebote sind teilweise kostenfrei. Für die kostenpflichtigen Angebote können Familien eine finanzielle Unterstützung beantragen. Hier hilft die Jugendförderung gerne weiter, per E-Mail unter oder telefonisch unter 06204 988-431 (Sabine Ruth) oder 988-435 (Christian Stumpf).

Bürgerinnen und Bürger, die helfen möchten, dass Kinder sich sicher und willkommen fühlen, können die Angebote für Kinder und Jugendliche finanziell unterstützen. 
Spendenkonto der Stadt Viernheim bei der Sparkasse Starkenburg:
Stichwort „Hilfe für Kinder und Jugendliche“
IBAN: DE30 5095 1469 0003 0040 10