Berliner Ring 16
Blauehutstraße 30a

Der Tabakhändler Wilhelm Gernsheimer starb 1936 im 50. Lebensjahr. Sein Geschäftsumsatz war durch Boykott stark eingebrochen. Nur für kurze Zeit konnte sein Neffe Sol (Sally) das Geschäft weiterführen. Die verwitwete Juliane Gernsheimer zog mit Sohn Martin zu ihrer Familie ins bayerische Hainsfarth. Am 3. April 1942 wurde Juliane von München aus nach Piaski deportiert. Die Deportation der letzten jüdischen Bürger aus Hainsfarth erfolgte am 10. August 1942 via München ins polnische Piaski. Hier war Martin Gernsheimer dabei.

In der Blauehutstraße lebte Wilhelms Bruder Sigmund und seine seit 1912 verwitwete Schwägerin Lina mit Sohn Sol. Sigmund wurde in der Pogromnacht 1938 verhaftet und kam für Wochen in das KZ Dachau. Lina und Sol gelang 1939 mittels einer Bürgin (Sols Schwester) die Einreise in die USA. Sigmund gelang die Ausreise nicht, möglicherweise mangels Geld oder notwendigen Papieren. Am 25. März 1942 wurde er über Darmstadt in das Ghetto Piaski deportiert, wo sich seine Spur verlor.

Hier wohnte Auguste Kaufmann mit Sohn Friedrich und dessen Frau Elsa Regina sowie deren Kinder Ruth und Alfred. Die Kaufmanns gehörten zu einer der ältesten jüdischen Familien im Ort und sind schon 1620 nachgewiesen. Friedrich Kaufmann verdiente seinen Unterhalt als Händler für Öle und Chemikalien.

In der Pogromnacht 1938 entging das Anwesen der Kaufmanns nur knapp der Zerstörung. Da ein SA-Mann seine Tabakvorräte im Lager der Kaufmanns untergebracht hatte, verhinderte er die geplante Brandstiftung der Scheune. Ungeachtet dessen wurde die Familie aus ihren Anwesen vertrieben, die Felder beschlagnahmt. Bereits im Vorjahr hatte die 7-jährige Ruth die Goetheschule als „Nichtarische“ wieder verlassen müssen.

Mit Ausnahme der 78-jährigen Großmutter Auguste wurde die ganze Familie am 25. März 1942 über Mainz in das ostpolnische Ghetto Piaski deportiert. Auguste Kaufmann wurde am 28. September 1942 über Darmstadt nach Theresienstadt verschleppt, wo sie am 17. September 1943 starb.

Wasserstraße 30a

Neubaustraße 13

Hier wohnte bis zu seiner Verhaftung 1938 der Bäcker Peter Hanf. Hanf war parteilos und lehnte mehrfach öffentlich die Politik der Nazis ab. Dies weckte offenbar das Missfallen der örtlichen Parteimitglieder.
Zusammen mit zwei Freunden verhaftete die Kripo Heppenheim Peter Hanf am 18. Juni 1938 und brachte alle drei in das KZ-Sachsenhausen.
Zum Vorwurf machte man ihm die „Nichterfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber dem außerehelichen Kind“. Tatsächlich war Hanf Vater eines 1930 aus einer Beziehung mit einer Witwe hervorgegangen Sohns. Jedoch unterstützte Hanf Sohn und Witwe, aber das uneheliche Verhältnis genügte den Machthabern, um ihm „Betrug am Volkskörper „vorzuwerfen. Vielleicht hatte die Mutter des Kindes nicht geheiratet, um dessen Erbansprüche an ihre Familie nicht zu gefährden.

Ende Januar 1939 erreichte Hanfs Schwester Margarete die Nachricht, dass dieser an einer „Lungenentzündung“ gestorben sei. Weder Datum noch Todesursache stimmten. An seiner nach Viernheim zurückgeschickten Leiche waren deutlich Strangulationsmerkmale am Hals zu sehen.

Stolpersteine werden über Patenschaften finanziert. Pate kann jede Privatperson werden, aber auch Vereine, Verbände, Parteien, Stiftungen, Firmen und Schulen

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