Catcall ist kein Kompliment
Pfeif- oder Kussgeräusche, aufdringliche Blicke, anzügliche Sprüche auf Straßen, Plätzen, in Einkaufszentren oder öffentlichen Verkehrsmitteln, dies sind noch eher harmlose Beispiele für die recht niedliche Bezeichnung „Catcalling“. Der Begriff stammt aus der englischen Umgangssprache (in etwa „Katzen-Rufen“) und ist eine Form der verbalen sexuellen Belästigung, für gewöhnlich durch Männer gegenüber Frauen und Personen aus der LSBTIQ* Community.
Im Rahmen des ersten bundesweiten Aktionstages am 10. Juni, der zukünftig immer am zweiten Freitag im Juni stattfinden wird, wurde gleichzeitig die Kampagne #keinKompliment ins Leben gerufen, an der sich auch das städtische Gleichstellungsbüro gemeinsam mit über 40 Kommunen und Kreise in der Bundesrepublik beteiligt, um auf diese nicht hinnehmbaren Vergehen aufmerksam zu machen.
„Frauen und Mädchen sollen sich unbefangen im öffentlichen Raum bewegen können, ohne Belästigungen ausgesetzt zu sein. Der gutmeinende Hinweis mancher Männer ‘Nimm’s doch als Kompliment,‘ ist nicht hinnehmbar. Sexuelle Belästigung ist kein Kompliment“, so Maria Lauxen-Ulbrich, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Viernheim.
Belästigungen auf der Straße wirken sich bei Betroffenen oft körperlich und emotional aus. Sie berichten von Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit sowie starker Angst, zum Beispiel vor einer Vergewaltigung. Gleichzeitig sorgen die verbalen Übergriffe dafür, dass besonders Frauen und Mädchen beginnen, Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.
Es handelt sich weder um ein Einzelschicksal bestimmter Frauen oder Mädchen noch um etwas, was nur an bestimmten Orten oder Städten vorkommt. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem das dazu führt, dass sich betroffene Personen eingeschränkt fühlen und sich nicht mehr unbehelligt in der Öffentlichkeit bewegen.
Aktion gegen "Catcalling" in Viernheim am 12. Juli 2023 ein voller Erfolg
Am 12. Juli war es endlich soweit. Der Mädelstreff der städtischen Jugendförderung, das Gleichstellungsbüro und der Sicherheitsbeauftragte-KOMPASS der Stadt Viernheim sowie die Polizei gehen in Kooperation gegen „Catcalling“ vor. Vor dem Rathaus haben die Schülerinnen des Mädelstreff ihre Kunstwerke ausgestellt.
Doch damit nicht genug, Ausstellungsmöglichkeiten werden avisiert.
Und wer sich gerne ganz anonym Luft machen will und seine Story kurz schildern will findet unter folgendem QR-Code eine Möglichkeit.
Hintergründe
Nach einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erleben 44 Prozent der Frauen, aber auch 32 Prozent der Männer, in Deutschland Situationen, in denen sexistische Zeichen und Übergriffe an sie adressiert sind. Doch die meist berührungslose, aber unzumutbar aufgedrängte Sexualität stellt in Deutschland noch keinen eigenen Straftatbestand dar.
Dies soll nicht so bleiben und so hat bereits die #Me-Too- Bewegung das Problem sexueller Belästigungen im Alltag, überwiegend durch Männer, in den Blick der internationalen Öffentlichkeit gerückt.
Die erste Petition von Antonia Quell „Es ist 2020. Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein“ wurde von knapp 70.000 Personen unterstützt und auch der Deutsche Juristinnenbund forderte bereits eine rechtliche Normierung berührungsloser sexueller Belästigung (DJB, 2021).