Frauenbewegung – Feminismus – LSBT*IQ

Historisch und gesellschaftspolitisch gesehen lassen sich Frauenbewegung – Feminismus – LSBT*IQ in Zusammenhang bringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die dahinter liegenden hierarchischen Strukturen betrachtet werden.

Darüber hinaus können Diskriminierungstendenzen wie Rassismus, Sexismus und LSBT*IQ-Feindlichkeit in diesem Kontext betrachtet werden.

Historie: Frauenbewegung und Feminismus

Feminismus bezeichnet

  1. eine Bewegung, die sich für politisch-praktische Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenschancen von Frauen einsetzt (Frauenbewegung, Emanzipation), und
  2. theoretisch-wissenschaftliche Bemühungen, die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts als Barriere wissenschaftlicher (und praktischer) Erkenntnis wahrzunehmen und zu überwinden.

Quelle: bpb

Historisch reicht feministisches Gedankengut viele Jahrhunderte zurück. Feminismus setzt da an, wo Männer definiert haben, dass sie das überlegene Geschlecht sind und von daher darüber entscheiden, wie das vermeintlich andere Geschlecht zu leben hat. In dieser Denkweise ist das Zusammenleben über Machtverhältnisse definiert und erhält eine hierarchische Struktur. Männer stehen über Frauen - Patriarchat par excellence.

Es könnte angenommen werden, das Matriarchat sei das Gegenteil von Patriarchat. Das Matriarchat gab es als Gesellschaftsform wahrscheinlich schon in der Steinzeit.

  • Falsch ist: Das Matriarchat sei wie das Patriarchat, nur eben die Herrschaft der Frauen über die Männer.
  • Richtig ist: Im Matriarchat gibt es keine institutionalisierenden Hierarchien, nur eine andere für uns ungewohnte Aufgabenteilungen.

Merkmale Matriarchat:

  • Die Linie der Mutter entscheidet, die Mitglieder einer Familie wird bestimmt nach der weiblichen Abstammungslinie.
  • Es gibt ein generationenübergreifendes Zusammenleben.
  • Frauen bestimmen über Geschicke des Clans, des Dorfes, verwalten das Vermögen und schlichten Streit.
  • Biologische Vaterschaft, Hochzeit und Ehe spielen keine Rolle. Dahinter steckt die Einsicht, dass Familie für ewig ist, Leidenschaft kurzfristig.
  • Frauen wie Männer können wechselnde Sexualpartner*innen haben, Kinder wachsen in der Familie der Mutter auf.
  • Der biologische Vater darf sich einbringen, die eigentlich männliche Bezugsperson ist aber vielmehr ein Onkel - also Bruder der Frau.

Diese Form des Zusammenlebens gibt es auch heute noch, drei der bekanntesten sind die Mosuo in Chna, die Khasi in Indien und die Juchitán in Mexiko.
Quelle: https://www.a-n-a.com/shop/blog/portraits/wo-frauen-das-sagen-haben-matriarchat-als-gesellschaftsform.

Doch zurück zum hierarchischen Gedankengut im Patriarchat. Viele Jahrhunderte lebten die Menschen qua Geburt in Klassen, in Kasten und Vieles mehr, deren Grundgedanke die Überlegenheit der einen über die andere Gruppe war. Das kann als Ursprung von Rassismus und Antisemitismus gesehen werden. Überwiegend am Ende der jeweiligen Gruppen stand eine weitere Gruppe: die Frauen. Doch bevor sich Frauen zusammenschlossen verging wiederum viel Zeit.

Historisch gesehen reicht die Frauenbewegung zurück bis ins 18. Jahrhundert und bezeichnet den Kampf von Frauen für die soziale, politische und wirtschaftliche Gleichstellung der Geschlechter. Anfänge finden sich in der Aufklärung und der Französischen Revolution.

In Deutschland wurden etwa seit 1840 Frauenerwerbsvereine (Arbeiterinnen, Dienstmädchen etc.) gegründet. Im ausgehenden 19. Jahrhundert folgten viele weitere Frauenorganisationen. Clara Zetkin steht in Deutschland für die Einführung des Internationalen Frauentags, der erstmals 1911 durchgeführt wurde. Nach dem 1. Weltkrieg folgten zahlreiche Errungenschaften wie die Einführung des Frauenwahlrechts Ende 1918.

Während des Nationalsozialismus wurden alle Errungenschaften zunichte gemacht. Es erfolgte die Aufwertung der Mutterrolle und der traditionellen Rolle von Frauen. Nach dem 2. Weltkrieg war einer der großen Siege politisch-aktiver Frauen die Einführung des Artikels 3, Absatz 2 im Grundgesetz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt". (Informationen auch unter Frauen & Arbeit.)

Nach dem Krieg schlossen sich zudem überkonfessionelle und überparteiliche Verbände zusammen. 1969 wurde aus diesem Zusammenschluss der Deutsche Frauenrat gegründet. Heute (2021) gehören ihm rund 60 Frauenorganisationen an. In der Folge der Studentenbewegung Ende der 1960er-Jahre erlebte die Frauenbewegung in Deutschland einen Aufschwung. Feminismus wurde für die einen der Inbegriff des Kampfes gegen die Unterdrückung der Frauen, für die anderen wurden Feministinnen zum Feindbild. Die Hauptforderungen in den 60er/70er Jahren zielten auf die Überwindung ökonomischer Abhängigkeit, sexueller Repression und die Abschaffung des § 218 (Verbot des Schwangerschaftsabbruchs).

Als federführend in den 70er Jahren ist lange Zeit Alice Schwarzer gesehen worden. Die Veröffentlichung im Stern von Frauen, die eine Abtreibung zugaben, führte zur Enttabuisierung des Themas Abtreibung. In der Folge gründeten sich erste feministische Gruppen, die sich aktiv für die Abschaffung des §218 einsetzten. Es entstanden zahlreiche Frauenprojekte wie Frauenbuchläden, Frauenzentren, Frauenzeitschriften, Frauenbuchverlage, Frauenhäuser etc. In den letzten Jahren ist Alice Schwarzer häufiger in die Kritik geraten, die sich auf Äußerungen von Schwarzer zum Kopftuchverbot oder zuletzt in der Debatte um Trans*Personen und intersektionalen Feminismus beziehen. Dabei wird die Frage aufgeworfen, ob Schwarzer weiterhin als Feministin gelten sollte, denn das Verständnis für intersektionalen Feminismus fehle ihr. Verschiedene Quellen z.B. https://allesevolution.wordpress.com/2021/11/10/alice-schwarzer/; https://taz.de/Alice-Schwarzer-zu-Transsexualitaet/!5823052/

Seit den 1980er-Jahren wurden in den Bundesländern Gleichstellungsministerien und kommunale Gleichstellungsstellen eingerichtet; weiterhin wurden in den öffentlichen Verwaltungen und großen privaten Unternehmen Frauenbeauftragte eingesetzt, um bei Einstellungen auf eine ausreichende Berücksichtigung von Bewerberinnen zu achten.

Die Amerikanerin Judith Butler mit ihrem Buch "Das Unbehagen der Geschlechter" im Jahr 1990 stieß wiederum nicht nur in Deutschland die Diskussion über den Zusammenhang zwischen biologischem und sozialem Geschlecht sowie sexuellem Begehren an. Hierin lässt sich aber nicht ein Scheitern des Feminismus erkennen, sondern sollte vielmehr die Notwendigkeit feministischer Debatten in Verbindung mit der Unterdrückung von Menschen gesehen werden, die weder der Zweigeschlechtlichkeit entsprechen (wollen) oder sich der vorherrschenden heterosexuellen Orientierung unterwerfen wollen.

Heute differenziert sich der Feminismus weiter aus. Die politische Diskussion wird weiter angeheizt von Diskussionen um geschlechtergerechte Sprache über Frauen in Führungspositionen oder um die weiter bestehende ungleiche Bezahlung von Frauen bis hin zur in den letzten Jahre geführte "MeToo-Debatte", wodurch das Thema Sexismus in den Vordergrund gerückt ist.

Rassismus, Sexismus und LSBT*IQ-Feindlichkeit

"Rassismus ist eine Art von Diskriminierung. Durch Rassismus werden Menschen zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Haare, ihres Namens oder ihrer Sprache diskriminiert, ausgegrenzt und abgewertet. […]

Ein rassistischer Gedanke ist zum Beispiel: Weiße Menschen sind besser als Schwarze Menschen.

Wer rassistisch denkt, beachtet nicht die Persönlichkeit des einzelnen Menschen. Man denkt: Er oder sie hat eine dunkle Haut, eine bestimmte Sprache oder eine bestimmte Herkunft. Dann ist er oder sie auch weniger wert oder in der Reihenfolge weiter hinten.

Durch Rassismus werden bestimmte Menschen abgewertet, ausgegrenzt, verletzt und benachteiligt."

Quelle: bpb.de

"Sexismus wird definiert als individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen oder institutionelle und kulturelle Praktiken, die entweder eine negative Bewertung einer Person aufgrund ihres Geschlechts widerspiegeln oder den ungleichen Status zwischen Frauen und Männern in der Gesellschaft aufrechterhalten."

Quelle: bpb.de/apuz/178674/subtile-erscheinungsformen-von-sexismus

LSBT*IQ-Feindlichkeit: "Einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zufolge hängt die "Neigung zu Sexismus […] deutlich mit Homophobie zusammen: Wer Frauen abwertet, wertet mit recht hoher Wahrscheinlichkeit auch lesbische, schwule und bisexuelle Personen ab". Zudem geschieht die Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen häufig in der Verschränkung mit stereotypen Geschlechterbildern, denen eine Abwertung von Weiblichkeit(en) inhärent ist. […]

Männlichkeits- und Weiblichkeitsanforderungen spielen auch bei Trans- und Interfeindlichkeit eine zentrale Rolle. So erleben inter* und trans* Menschen, dass ihnen abgesprochen wird, ein "echter Mann" respektive eine "echte Frau" zu sein. Dem liegt häufig eine biologistische Vorstellung von Geschlecht zugrunde. Um als Mitglied des Geschlechts anerkannt zu werden, mit dem sich eine inter* oder trans* Person identifiziert, wird das Vorhandensein bestimmter körperlicher Merkmale erwartet. Dabei wird von stereotypen, sexistischen Geschlechtervorstellungen ausgegangen, die für trans* und inter* Menschen meist viel unflexibler sind als für cis endo Menschen.

Auf Personen, die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können oder dies explizit nicht wollen, reagieren cis Menschen oft irritiert oder sogar gewalttätig. Auch war es inter* und nicht-binären Menschen bis zur Änderung des Personenstandsgesetzes am 22.12.2018 nicht möglich, durch eine positive Bezeichnung im Geburtenregister aufgeführt zu werden - eine strukturelle Form des Unsichtbarmachens von geschlechtlichen Identitäten jenseits der Zweigeschlechtlichkeit."

Quelle: https://www.regenbogenportal.de/informationen/wie-sexismus-misogynie-und-lsbtiq-feindlichkeit-zusammenhaengen

Die hier vorgestellten Definitionen sollen zum Nachdenken über Zusammenhänge anregen. Jegliche Form der Diskriminierung erfolgt aus einem hierarchischen Verständnis der Überlegenheit einer Gruppe gegenüber einer anderen Gruppe. Die Reduzierung auf Hautfarbe und Geschlecht bieten rechten und rechtsradikalen Strömungen in der Gesellschaft Nährboden für unglaubliches Verhalten, das nicht akzeptiert werden darf.

Feminismus und LSBT*IQ – aktuelle Debatte

Feminismus ist vielfältig und lässt sich grob in unterschiedliche Strömungen einteilen. Feministische Strömungen beinhalten diverse Ansätze zur Geschlechter- und Gesellschaftskritik. So beziehen sie sich auf Gleichheit in der Bildung, im Beruf und in Beziehungen und auf individuelle Selbstbestimmung über Körper und Sexualität. Sie setzen sich für Veränderungen der Geschlechterverhältnisse wie auch der gesellschaftlichen Ungleichheit generell ein.

Eine neuere Strömung im Feminismus ist der so genannte "queere Feminismus".

Queer-Feminismus kritisiert die Heteronormativität und die stereotype Identitätspolitik. Geschlecht wird hier nicht als rein biologisch vorherbestimmt betrachtet, sondern untereilt in ein soziales und körperliches Geschlecht. Aus dem zugeschriebenen Geschlechts, gehen dann bestimmte stereotype gesellschaftliche Erwartungen hervor. Körper und Sexualität haben demnach wandelbare Bedeutungen, die historisch und kulturell gewachsen sind. Die vermeintlich natürliche Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität (das heißt die Organisation der Gesellschaft anhand der zwei Geschlechter Mann und Frau, die ausschließlich einander begehren sollen) werden als gesellschaftliche Normen kritisiert. Queer-Feminismus geht stattdessen von einer differenzierten Bandbreite der Geschlechter, Sexualitäten und Begehrensformen aus.

Im Queer-Feminismus gibt es nicht die Frau mit einer allgemeingültigen Perspektive, da Menschen, denen das weibliche Geschlecht zugeschrieben wird, keine einheitlichen Erfahrungen machen. Heterosexuelle, weiße, lesbische, schwarze, transgeschlechtliche, arme Frauen - sie alle werden auf gewisse Weise ähnlich, auf gewisse Weise unterschiedlich diskriminiert. Mehrfachdiskriminierung spielt daher im Queer-Feminismus eine wichtige Rolle und wird als Herausforderung verstanden, solidarisch zu handeln und Unterschiede anzuerkennen und mitzudenken.

Eine Gegenposition zum queeren Feminismus kommt von zumeist radikal feministischen Ansätzen. Diese postulieren, dass Feminismus jenen vorbehalten sein müsste, die mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt kommen und sich auch als Frauen identifizieren. Die Identität von trans*Menschen wird angezweifelt, sie werden als Opfer oder Täter*in des Patriachats angesehen. Statt Geschlecht als Spektrum (divers) zu begreifen, geht der transexkludierende radikale Feminismus davon aus, dass Geschlecht biologisch festgelegt und damit unveränderbar sei. In neueren Debatten liest man öfter von sogenannten "TERFS" (Trans-Exclusionary Radical Feminism").

Trans*Männer sind für TERFs "biologische Frauen", die Opfer von Geschlechterstereotypen und Frauenfeindlichkeit werden. So würden Trans*Männer dem Patriachat entkommen wollen, indem sie selbst zu einem "werden".

Während trans*Männer von TERFs meist unter "Frau" einsortiert werden, gelten trans* Frauen für sie als "Männer", die sich lediglich als Frauen ausgeben, um in Frauenschutzräume einzudringen. So ergibt sich auch die Argumentation, dass z.B. Frauenhäuser, Frauensport usw. rein biologischen Frauen vorbehalten sein sollten.

Wichtig zu erwähnen ist, dass nicht alle radikal feministischen Strömungen diese trans*feindliche Sichtweise vertreten.

Quellen: gwi-boell.de/de/2021/03/31/terfs-falsche-freundinnen-feminismus-fuer-privilegierte-frauen und https://feminismuss.de/glossar/terf/

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